Hanke/Anderl/Ruck: „Steigende Jugendarbeitslosigkeit braucht aktive Arbeitsmarktpolitik!“
Starker Schulterschluss zwischen Stadt Wien und Sozialpartnerschaft
Die Wirtschaftsentwicklung in Österreich stagniert, das trifft trotz der vergleichsweise besseren Prognosen auch Wien. Mit rund 928.000 unselbständig Beschäftigten wird hier ein neuer August-Höchstwert erreicht. Jedoch zeigt sich auch ein weiterer Anstieg bei der Arbeitslosigkeit: Im August hat die Zahl arbeitsloser und in Schulung befindlicher Personen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,7 Prozent auf 149.294 zugenommen. Dennoch liegt Wien damit unter dem Österreichdurchschnitt. Ein Blick auf die Altersverteilung zeigt, dass die Jungen bis 24 Jahre am stärksten betroffen sind. Im August waren 8,4 Prozent mehr Jugendliche und junge Erwachsene arbeitslos und in Schulungen als im August 2023.
Um gegen die Jugendarbeitslosigkeit anzugehen, rief Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke die Sozialpartner zusammen, um gemeinsam mit dem AMS Wien die Situation am Arbeitsmarkt zu analysieren und gezielte Maßnahmen zu besprechen. Nun stellten Stadtrat Peter Hanke, AK-Präsidentin Renate Anderl und Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien, die ersten Ergebnisse vor.
„Mir geht es dabei nicht nur um kurzfristige Interventionen, sondern auch um längerfristige Lösungsansätze."
Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke
„Das beste Mittel gegen steigende Arbeitslosigkeit ist eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Ich habe deshalb Präsidentin Renate Anderl und Präsident Walter Ruck ersucht, gemeinsam mit den Expert*innen der Stadt Wien, dem AMS und dem waff Ansätze mitzuentwickeln, wie auf Bundes- und auf Landesebene auf diese Entwicklung reagiert werden kann und wie wir die Chancen optimal nutzen können. Mir geht es dabei nicht nur um kurzfristige Interventionen, sondern auch um längerfristige Lösungsansätze. Denn schließlich sprechen wir hier von jungen Menschen und deren beruflichen Entwicklungschancen und Zukunftsperspektiven“, unterstreicht Hanke.
Sozialpartner und Stadt mit klarer Erwartungshaltung an zukünftige Bundesregierung
Die entscheidende Grundlage für ein erfolgreiches Berufsleben sei eine gute Ausbildung und dafür müsse man alles Notwendige tun, auch auf Bundesebene. Hanke formuliert daher klare, gemeinsame Anliegen an die zukünftige Bundesregierung: „Die jungen Wiener*innen brauchen eine positive Perspektive für ihre berufliche Entwicklung. Sie sind unsere Fachkräfte von morgen. Um dieses Ziel zu erreichen, fordere ich die zukünftige Bundesregierung auf, ihre Verantwortung in der Arbeitsmarktpolitik wahrzunehmen. Das AMS muss angesichts der Größe der Aufgaben mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet und mit Planungssicherheit auf Jahre versehen werden. Nur so können die engagierten Mitarbeiter*innen des AMS ihre Arbeit erfolgreich umsetzen.“
Laut den Prognosen wird der Anteil junger Menschen in Wien weiter anwachsen, das schafft für den Wirtschaftsstandort Wien ein wichtiges Potenzial. Deshalb brauche es gemeinsame Anstrengungen dieses Potenzial auch sinnvoll zu nützen, ergänzt Hanke.
„Die geplanten Budgetkürzungen beim AMS sind der falsche Weg, weil das Integration verhindert. Die zugewanderten jungen Menschen brauchen eine Perspektive: Dazu braucht es mehr gezielte Deutschförderung und das Vermitteln von Basisqualifikationen, damit sie dann Berufsausbildungen beginnen können."
AK-Präsidentin Renate Anderl
AK-Präsidentin fordert: Integrationsmaßnahmen stärken und absichern
Bei den Analysen und der Entwicklung von Problemlösungsansätzen hat die Tatsache, dass die Zahl arbeitsuchender junger Flüchtlinge mit Asylstatus und subsidiär Schutzberechtigter zunimmt, besondere Aufmerksamkeit bekommen. Ihre Zahl ist von August 2023 bis August 2024 um 1.091 Personen von 7.767 auf 8.858 Personen gestiegen. Das stellt nicht nur die Arbeitsmarktpolitik und das AMS Wien vor besondere Herausforderungen, sondern verlangt auch umfassende integrationspolitische Maßnahmen.
Aus der wachsenden Bevölkerungsgruppe der Jungen, der stärker steigenden Arbeitslosigkeit und der höheren Betroffenheit von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ergeben sich für die Sozialpartner und die Stadt Wien klare Notwendigkeiten. AK-Präsidentin Renate Anderl sieht vor allem im Bereich der Integration einen Auftrag an die Bundesregierung: „Die geplanten Budgetkürzungen beim AMS sind der falsche Weg, weil das Integration verhindert. Die zugewanderten jungen Menschen brauchen eine Perspektive: Dazu braucht es mehr gezielte Deutschförderung und das Vermitteln von Basisqualifikationen, damit sie dann Berufsausbildungen beginnen können. Das von der Bundesregierung finanziell ausgehungerte Integrationsjahr war für die Integration in die Arbeitswelt ein gutes Instrument, es muss wieder ausreichend finanziert werden. Die Aufstockung des Jugendcolleges auf 4.000 Plätze ist ein erster wichtiger Schritt, aber die Finanzierung muss über Jahre gesichert werden, ansonsten kann sich die Integrationswirkung nicht entfalten. Erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist möglich, das AMS Wien, die Stadt, der waff und die AK Wien haben mit dem Öko-Booster ein Vorzeigeprojekt gestartet, das jungen Menschen in Wien Ausbildungen in klimarelevanten Zukunftsberufen ermöglicht. Der Bund muss hier dringend mit ähnlichen Projekten nachziehen.“
„Die Lehre ist damit eine wesentliche Säule des Ausbildungssystems."
Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien
Wirtschaftskammer Wien: Ausbildungsfitte Jugendliche für Lehre als Säule des
Ausbildungssystems notwendig
In Wien absolvieren rund 13.350 Personen – um 500 mehr als vor einem Jahr – eine betriebliche Lehre. Die Zahl der Lehrlinge ist erfreulicherweise nach Corona ebenso wieder gestiegen wie die Zahl der Wiener Lehrbetriebe. Mehr als ein Viertel aller Lehrlinge war zu Beginn ihrer Ausbildung über 18 Jahre alt. „Die Lehre ist damit eine wesentliche Säule des Ausbildungssystems“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien: „Auf der einen Seite müssen wir junge Menschen für eine Lehre begeistern. Sie bietet nicht nur sichere Arbeitsplätze, sondern auch beste Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung. Erfreulich ist, dass sowohl die Zahl der Lehrlinge in den Wiener Betrieben steigt, als auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe. Für eine erfolgreiche Lehrausbildung braucht es auf der anderen Seite auch ausbildungsfitte junge Menschen. Wir müssen sie so gut wie möglich unterstützen, dass sie in den Unternehmen ausgebildet werden können. Vorbereitende Qualifizierungen vor einer Lehrausbildung sind eine notwendige und wertvolle Investition, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. So können wir die vorhandenen Potenziale für den Wirtschaftsstandort Wien nutzen.“ Aus Sicht des WK Wien-Präsidenten sind auch Maßnahmen abseits der Lehre und längerfristiges Denken notwendig: „Wir haben beispielsweise in der IT, einem absoluten Zukunftsbereich, zu wenig schulische Ausbildungsplätze. Deshalb forcieren wir die Errichtung einer neuen HTL für IT in Wien.“
Forderungen an die Bundesregierung
Die Sozialpartner und die Stadt Wien haben klare Forderungen an die zukünftige Bundesregierung in ihrem Verantwortungsbereich:
- Das AMS braucht zusätzliche Finanzierung und Planungssicherheit. Daher müssen geplante Einsparungen beim AMS-Budget für 2025 zurückgenommen und zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
- Das Ausbildungspflichtgesetz muss evaluiert und mit mehr Geld ausgestattet werden. Das Budget ist immer noch beim Stand von 57 Mio. Euro wie 2017, obwohl Aufgaben für Jugendliche mit Behinderung integriert wurden.
- Die Lehrausbildung muss als Säule der Fachkräftesicherung gestärkt werden. Für erwachsene Lehrlinge braucht es eine Existenzsicherung während der meist dreijährigen Lehrausbildung, damit es nicht zu Ausbildungsabbrüchen aus finanziellen Gründen kommt. Daher soll die Bundesregierung die Grundlagen für die Einführung eines Lehrlingsstipendiums erarbeiten. Die Lehrbetriebsförderung muss langfristig gesichert und mit dem erforderlichen Budget ausgestattet werden. Anders als in den Bundesländern gibt es in Wien seit Jahren mehr lehrstellensuchende Jugendliche – zuletzt im Juli um 3.200 mehr – als Lehrstellen. Für diese Jugendlichen braucht es auch eine hochqualitative überbetriebliche Lehrausbildung, die finanziell abgesichert wird. In Wien hat die überbetriebliche Lehrausbildung angesichts von rund 2.900 Lehrlingen einen hohen Stellenwert.
- Für zugewanderte Jugendliche müssen gezielte Deutschförderung und Maßnahmen zur Basisqualifikation sichergestellt werden.
Zielgruppenorientierte Angebote werden weiterentwickelt
Die Zahl der jungen Wiener*innen wächst und gleichzeitig haben sie sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Alle Jugendlichen brauchen gerade im Vorfeld von Ausbildungsentscheidungen eine praxisorientierte und zielgruppenspezifische Berufsorientierung. Die Stadt Wien setzt mit dem waff gemeinsam mit den Sozialpartnern eine neue Initiative in der Berufsorientierung. Alle jungen Wiener*innen sollen die Möglichkeit haben, sich umfassend beruflich zu informieren, zu orientieren und auszuprobieren. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem genderspezifischen Berufswahlverhalten und den Bereichen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Technik, Umwelt sowie Soziales und Gesundheit. Um der Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich begegnen zu können und die jungen Menschen da abzuholen, wo sie sind, gibt es in Wien maßgeschneiderte Angebote:
- In wenigen Tagen startet für unter 25-Jährige mit Asylstatus das von 900 auf 4.000 Ausbildungsplätze ausgebaute Jugendcollege von AMS Wien und Stadt Wien. In diesem schulähnlichen Bildungsangebot werden junge Flüchtlinge intensiv auf eine Berufsausbildung oder Beschäftigung vorbereitet.
- Die Unterstützung der Stadt Wien für Lehrausbildungsbetriebe wird weitergeführt: Dazu gehört die finanzielle Unterstützung von Betrieben, die erstmals einen Lehrling aufnehmen und die Fortsetzung der Initiative Lehrstellenakquise mit der Wirtschaftskammer Wien. Im Hinblick auf die Klimaschutzziele der Stadt Wien und den damit verbundenen Fachkräftebedarf wird auch die Klimaprämie für einschlägige Lehrausbildungsbetriebe im Rahmen eines umfassenden Fachkräftesicherungspaketes fortgeführt.
- Für engagierte junge Wiener*innen im Alter von 18 bis 25 Jahren startet mit Jänner 2025 die Jugendstiftung Wien. Der waff hat gemeinsam mit dem AMS Wien und den Sozialpartnern eine Stiftung gegründet, die bis Ende 2028 bis zu 1.000 jungen Wiener*innen etwa auch im Anschluss an das Jugendcollege eine Aus- und Weiterbildung ermöglicht. Damit wird gezielt der Fachkräftebedarf in Wien adressiert.
- Das erfolgreiche Projekt Öko-Booster bietet eine attraktive Berufsausbildung für 18-24-Jährige mit maximal Pflichtschulabschluss. Bis Ende 2027 werden mindestens 100 junge Wiener*innen zu Klima-Fachkräften in Elektrotechnik bzw. Installationsund Gebäudetechnik ausgebildet. Auf Initiative der Arbeiterkammer Wien arbeiten hier AMS Wien und der waff mit Wiener Leitbetrieben zusammen.
- Im Bereich der Schulausbildung wird auf Initiative der Wirtschaftskammer Wien gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Bildungsministerium eine IT-HTL für rund 600 Schüler*innen errichtet. Hintergrund ist, dass in Wiener HTL mittlerweile viele Jugendliche nicht aufgenommen werden, obwohl sie die Aufnahmekriterien erfüllen. Zusätzlich wird der Standort eine Fachschule sowie ein College und Weiterbildungskurse für Erwachsene beherbergen.
Rückfragen:
Mag. Roberta „Louis“ Kraft
Mediensprecherin Stadtrat Peter Hanke
Tel.: +43 1 4000 81211
roberta.kraft@wien.gv.at
Michael Vorauer
Wirtschaftskammer Wien
Mediensprecher Präsident DI Walter Ruck
Tel.: +43 1 514 50-1476
michael.vorauer@wkw.at
Nani Kauer, MA
Arbeiterkammer Wien
Mediensprecherin der Präsidentin
Tel.: +43 1 50165 13733
nani.kauer@akwien.at
Johann Baumgartner
Mediensprecher waff
Tel.: +43 1 21748 330
E-Mail: johann.baumgartner@waff.at