„Reparatur ist die Königsdisziplin der Kreislaufwirtschaft“

Markus Piringer im Interview

Markus Piringer koordiniert das Reparaturnetzwerk Wien bei DIE UMWELTBERATUNG. Im Interview spricht er über die Herausforderungen und Chancen im Reparatursektor, den wachsenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften und die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für eine nachhaltige Zukunft. Dabei betont er die Notwendigkeit neuer Ausbildungswege.

Was ist das Hauptziel von DIE UMWELTBERATUNG und wie setzt sich Ihr Team zusammen, um dieses Ziel zu erreichen?

Piringer: DIE UMWELTBERATUNG arbeitet als spezialisierte Einrichtung der Wiener Volkshochschulen seit 36 Jahren daran, die Bürger*innen durch praxisnahe Tipps bei ökologischen Lebensstilen zu unterstützen. Unser rund 30-köpfiges Team besteht aus Fachkräften mit vielfältigen Qualifikationen, darunter viele Absolvent*innen der Universität für Bodenkultur. Die meisten unserer Mitarbeitenden haben einen Hochschulabschluss, denn unsere Hauptaufgabe ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Alltagspraxis zu übersetzen. Mein persönlicher Schwerpunkt innerhalb der Bereiche Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement liegt beim Thema Reparatur, wo ich allgemein einen großen Bedarf an qualifizierten Fachkräften sehe, besonders bei der Reparatur von Haushaltsgeräten.

Welche großen Herausforderungen gibt es im Bereich Reparatur?

Piringer: Eine Hauptherausforderung ist der Preis. Bei Elektro-Kleingeräten ist es oft günstiger, ein neues Gerät zu kaufen, als es reparieren zu lassen. Manche Geräte sind so verschlossen, dass man die Hülle gar nicht öffnen kann, ohne das Gerät zu zerstören. Auch sonst werden viele Geräte so konstruiert, dass sie schwer zu reparieren sind. Problematisch ist zudem, dass Reparaturinformationen oft nicht frei verfügbar sind. Hersteller geben diese Informationen häufig nicht heraus, was die Reparatur erschwert. Ökologisch ist das natürlich ganz schlecht. Ein weiteres Problem ist die Convenience: Online-Shopping ist oft einfacher, als einen Reparaturbetrieb zu finden und das Gerät reparieren zu lassen. Unser Reparaturnetzwerk erleichtert die Suche nach einem passenden Reparaturbetrieb und wir merken, dass Reparatur wieder mehr gefragt wird. Aus ökologischen Gründen, durch Förderungen, aber auch aus purem Hausverstand.

Eine Person schraubt an einer Platine eines Laptops.

Würde die Stärkung der Kreislaufwirtschaft eine Aus- und Weiterbildungsoffensive verlangen?

Piringer: Im Reparaturbereich ist der Ausbildungsbedarf groß. Der klassische Beruf des Mechatronikers konzentriert sich mehr auf Produktion und Industrie als auf Reparatur. Und die Absolventinnen und Absolventen verdienen dort wohl auch mehr. Reparatur erfordert jedoch nicht nur technisches Wissen, sondern auch Fähigkeiten in der Kundenkommunikation. Es wäre sinnvoll, spezifischere Ausbildungen für den

Reparaturbereich zu entwickeln, etwa zum Reparatur- und Servicetechniker. Der Bedarf an qualifizierten Reparaturfachkräften besonders im Bereich Elektrogeräte, ist groß und wird voraussichtlich weiterwachsen. Darum ist es wichtig, Reparaturkompetenzen schon in der Allgemeinbildung zu verankern. Wir führen beispielsweise Schulprojekte durch, mit Workshops zum Fahrradreparieren, Textilreparaturen und Handy- und Laptopwartung.

Welche Maßnahmen machen Reparaturen attraktiver?

Piringer: Der Reparaturbonus ist ein wirksames Instrument, um Reparaturen finanziell attraktiver zu machen. Auf EU-Ebene gibt es zudem Bestrebungen wie die Right to Repair-Verordnung und neue Ökodesign-Regelungen, die darauf abzielen, dass Geräte von vornherein reparaturfähig konstruiert und produziert werden. Wichtig wäre auch, Reparaturkompetenzen stärker in der Allgemeinbildung zu verankern, beginnend in der Schule. Ich bezeichne die Reparatur gerne als die Königsdisziplin der Kreislaufwirtschaft. Sie ermöglicht es, Ressourcen und Energie einzusparen, ohne unseren Wohlstand zu beeinträchtigen. Es ist ein Bereich, in dem Europa konkurrenzfähig sein kann, da wir hier unsere hohen Standards als Vorteil nutzen können: die Kombination aus regulatorischem Rahmen, betrieblicher Fachkompetenz und steigendem gesellschaftlichem Bewusstsein.