Mit Bildung gegen den Fachkräftemangel
Best Practice
Während die Suche nach qualifizierten Arbeitnehmer*innen viele Unternehmen bei ihren Kernaufgaben ausbremst, feiert Ulrike Haslauer mit Compact Electric Erfolge in der Fachkräftesicherung. Das Unternehmen setzt auf lebenslanges Lernen und lockt mit Karriere-Möglichkeiten bis zur Pensionierung.
„Ich habe damals gleich gesagt: Papa, die Firma werde ich dir irgendwann abnehmen“, erzählt Ulrike Haslauer, gewerberechtliche Geschäftsführerin der Compact Electric GmbH in Wien-Liesing. Damals – das war Mitte der 1980er-Jahre, als Haslauer mit 16 Jahren ein Ferialpraktikum im Unternehmen absolvierte. Compact Electric stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange im Familienbesitz, hatte sich aber seit der Gründung 1965 bereits als erfolgreicher Player im Technologie-Sektor etabliert.
Die tatsächliche Übernahme kam leider schon viel zu bald: Nach dem völlig unerwarteten Tod des Vaters im Alter von nur 46 Jahren musste die Zukunft von Compact Electric auf neue Schienen gestellt werden. Dass Haslauers Mutter bereits in der Finanzbuchhaltung der Firma tätig war und die Zahlen kannte, war hilfreich. Und so übernahmen die beiden Frauen das Technologie-Unternehmen mit damals 19 Mitarbeiter*innen: „Ich habe am 1. Jänner 1990 als Prokuristin begonnen, die Mama war Geschäftsführerin.“
Ich habe damals gleich gesagt: Papa, die Firma werde ich dir irgendwann abnehmen
Ulrike Haslauer
Innovation und Expansion
In den mehr als 30 Jahren, die seither vergangen sind, hat sich Compact Electric international als Partner für Industrie, Gewerbe und Handel etabliert. Die Geschäftsfelder fokussieren auf „Technology“ und „Safety“, wobei man den Kundinnen und Kunden für ihre vielfältigen Probleme individuelle Lösungen garantiert. Der Bereich Technology umfasst den Anlagenbau mit individuellen Industrie-Schaltschränken genauso wie die Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Im Bereich Safety widmet sich die Firma innovativen Kennzeichnungslösungen und Produkten, die für Arbeitssicherheit sorgen. Als Zulieferer und Dienstleister war und ist Compact Electric unter anderem für Siemens, Andritz Hydro und Takeda tätig. Die Zahl der Mitarbeitenden hat sich vervierfacht und liegt heute bei knapp 80 Männern und Frauen.
Geht man durch das Unternehmen und redet mit den Menschen in den Produktionshallen und den Entwickler*innen, so wird rasch klar: Die Produkte von Compact Electric sind weltweit gefragt, in erfreulich großem Umfang. Die Mitarbeitenden sind mit Spaß bei der Arbeit und es kommt durchaus zur einen oder anderen fachlichen Diskussion: über die tausenden Kabel in den riesigen Schaltkästen, die in die ganze Welt verkauft werden; über meterlange, zwei-Finger-dicke Kupfer-Leitstäbe; über die Kraft des Ampere und die beeindruckende Wirkung des Elektromagnetismus. Aber auch über die Grenzen der Automatisierung – insbesondere, wenn es um stark individualisierte Lösungen geht.
Flexible Arbeitszeitmodelle
Mittlerweile ist Ulrike Haslauer die längst-dienende Mitarbeiterin, hat zahlreiche Kolleginnen und Kollegen bis zur Pensionierung begleitet. Und diese Perspektive vermittelt sie auch der aktuellen Belegschaft, bis hin zu den vier Lehrlingen, die momentan die Mechatronik-Ausbildung absolvieren: Bei Compact Electric, macht Haslauer klar, findet man Arbeit fürs Leben. Dabei möchte sie all ihren Mitarbeitenden maximale Flexibilität bieten – denn die persönliche Zufriedenheit stärke auch die Bindung zum Unternehmen, so ihre Überzeugung. Darum gibt es die verschiedensten Arbeitszeitmodelle, je nach Tätigkeitsfeld ein passendes Homeoffice-Angebot sowie Unterstützung bei der Aus- und Weiterbildung bzw. der fachlichen Qualifizierung.
Die Chefin selbst absolvierte ein Wirtschaftsstudium und erhielt aufgrund ihrer darauffolgenden technischen Ausbildung am BFI Wien auch die Mechatronikerkonzession. Ihr praxisnahes Wissen gibt Haslauer unter anderem in Mentoringprogrammen an andere (Nachwuchs-) Führungskräfte weiter. Ähnliches will sie der Belegschaft ermöglichen, bietet Chancen für die individuelle Entwicklung – zum Vorteil nicht nur der Mitarbeitenden, sondern auch des Unternehmens. Möglich sei etwa die Lehre mit Matura, wonach Bildungswege bis hin zu einem akademischen Grad unterstützt werden – als Angebot und Chance, ohne Druck. Im Sinne der Mitarbeiter*innen-Akquise steht Compact Electric auch laufend im Austausch mit technischen Schulen, Unis und Fachhochschulen.
Die Firma bietet Praktika, ermöglicht den beruflichen Einstieg neben dem Studium und garantiert Unterstützung bei der Erreichung des akademischen Abschlusses. Über diese grundlegenden und formalen Ausbildungen hinaus wird auch die fachliche Weiterbildung laufend gefördert. Denn egal, ob man eine Lehrausbildung oder ein Studium abgeschlossen hat: „Es gibt so viele Themen, die immer wieder neu auf einen zukommen, da bedarf es der ständigen Weiterbildung“, plädiert Haslauer im besten Sinne für lebenslanges Lernen.
Lob der Wiener Förderlandschaft
Dass die Akquise von Fachkräften aber trotz all der Bemühungen mitunter schwierig ist, musste man über die Jahre auch bei Compact Electric feststellen. Ohne die oft „händeringende Suche“ anderer Unternehmen nach qualifizierten und zuverlässigen Mitarbeiter*innen zu kommentieren, stellt Haslauer fest:
Wien ist ein unglaublich toller Wirtschaftsstandort, der sich nicht zuletzt durch eine großartige Förderlandschaft auszeichnet.
Ulrike Haslauer
So erwähnt sie gerne die immer wieder erfolgreiche Vermittlungsarbeit des Arbeitsmarktservice, über die schon viele Kolleg*innen neu ins Team gekommen sind. Auch den waff und sein Angebot stellt Haslauer gerne lobend vor den Vorhang: „Momentan beziehen wir die Förderung für den ‚Innovationsassistenten‘ – eine tolle Unterstützung für unseren Forschungs- und Entwicklungsbereich.“ Konkret stehe dabei ein Monitoring-System im Mittelpunkt, das Energieversorgern künftig helfen soll, einen allfälligen Blackout zu vermeiden. Für dieses wichtige Projekt gebe es sogar eine doppelte Förderung. Womit der waff nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern auch dafür sorgt, dass bei uns allen das Licht an bleibt.
Lesen Sie mehr zum Thema im Schwerpunktbereich Digitaler Wandel und im Fachkräftereport für Wien.