Die Bedeutung der Lehrausbildung für die Fachkräftesicherung

Hintergrundwissen

Die Lehrausbildung ist eine wichtige Säule der Fachkräftesicherung. Ihre Bedeutung ergibt sich aus ihrer engen Verknüpfung von Praxis und Theorie sowie ihrer Funktion, junge Menschen gezielt auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts vorzubereiten. Gleichzeitig profitieren Betriebe von der Möglichkeit, über das Instrument der Lehrausbildung, Fachkräfte gezielt für den eigenen Bedarf auszubilden. Doch welche spezifischen Herausforderungen bestehen aktuell in Wien und wie kann die Lehrausbildung zukunftsorientiert gestaltet werden?

Praxisnahe Ausbildung mit hervorragenden Chancen am Arbeitsmarkt

Das duale Ausbildungssystem verbindet praxisorientiertes Lernen in Betrieben mit theoretischen Inhalten an Berufsschulen und fördert so die Entwicklung von Handlungskompetenz. Diese Struktur ermöglicht eine frühe Bindung der Lehrlinge an den Ausbildungsbetrieb und den regionalen Arbeitsmarkt.

Ein Lehrling bohrt ein Loch in ein Stück Metall.

Lehrabsolvent*innen profitieren zudem von einer hohen Arbeitsmarktnachfrage: Laut dem Bildungsbezogenen Erwerbskarrierenmonitoring (BibEr) der Statistik Austria sind Lehrlinge im Median bereits nach nur 1,3 Monaten nach dem Lehrabschluss erwerbstätig. Nach 18 Monaten liegt die Erwerbsquote bei 79,3 % der Absolvent*innen, nur knapp unter den 83,8 % der Absolvent*innen Höherer Berufsbildender Schulen (BHS). Mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von 2.418 Euro brutto pro Monat erzielen Lehrabsolvent*innen darüber hinaus ein durchaus konkurrenzfähiges Einkommen. Der frühe Einstieg in den Arbeitsmarkt und das vergleichsweise hohe Einstiegsgehalt haben einen signifikanten Einfluss auf das spätere Lebenseinkommen.

Wichtiger Treiber für die Dekarbonisierung

Die Lehre spielt eine zentrale Rolle für die Ausbildung von sogenannten Green Jobs, also Berufen, die für die Transformation zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft unverzichtbar sind. Die Lehrausbildungsverordnungen werden regelmäßig angepasst, um den sich verändernden Anforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden und auf Megatrends wie Digitalisierung und Ökologisierung zu reagieren. Dabei wird das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) unter anderem vom sogenannten Bundesberufsausbildungsbeirat  beraten. Seit 2016 wurden 90 Lehrberufe aktualisiert und 22 neue Lehrberufe eingeführt, darunter Klimagärtner*in sowie die für die Wärmewende besonders relevanten Berufe Installations- und Gebäudetechnik und Fernwärmetechnik.

Herausforderungen der Lehre in Wien

Trotz ihrer Stärken steht die Lehrausbildung auch unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber, wozu unter anderem etwa das sinkende Image der Lehre gehört. Zudem führen demografische Besonderheiten sowie die spezielle Wirtschaftsstruktur Wiens zu spezifischen Herausforderungen, wie etwa die seit Jahrzehnten bestehende Lehrstellenlücke und die Unterrepräsentation von Lehrlingen mit ausländischer Staatsbürgerschaft.

Im Jahr 2024 lebten fast die Hälfte aller Lehrstellensuchenden Österreichs (46,1 %) in Wien, während dort nur 10,2 % der offenen Lehrstellen angeboten wurden. Dadurch gab es österreichweit einen Überschuss von 3.002 offenen Lehrstellen, während in Wien eine Lücke von 2.807 Lehrstellen bestand

Die Rolle der ÜBA und der FIA

Mit dem Instrument der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) werden folglich die in Wien dominante Lehrstellenlücke kompensiert. Wien ist auch jenes Bundesland, in dem der Anteil an Lehrlingen aus der überbetrieblichen Lehre mit 20,9 % im Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre (siehe Abbildung unten) am höchsten war. Angesichts der hohen Nachfrage nach Lehrstellen werden in keinem anderen Bundesland mehr Lehrlinge im Rahmen der überbetrieblichen Lehre ausgebildet.

Die ÜBA ermöglicht jenen Personen, die grundsätzlich an einer Lehre in bestimmten Berufen interessiert sind, aber keine betriebliche Ausbildungsstelle finden, entsprechende Kompetenzen und einen Lehrabschluss zu erwerben. Gleichzeitig ist die Vermittlung in einen ausbildenden Betrieb wesentliches Ziel der überbetrieblichen Lehrausbildung.

Auch die Facharbeiter*innenintensivausbildung (FIA) leistet einen wichtigen Beitrag zur Schließung der Lehrstellenlücke und damit zur Fachkräftesicherung am Wiener Arbeitsmarkt. Im Rahmen vom Öko-Booster werden auf dieser Schiene junge Erwachsene mit Migrationshintergrund zu Fachkräften in den Berufen Gebäude- und Installationstechnik und Elektrotechnik ausgebildet.

Unterstützungsmaßnahmen für die Lehrabschlussprüfung

In Wien gibt es zielgerichtete Unterstützungsangebote, um die Erfolgsquote bei der Lehrabschlussprüfung (LAP) zu erhöhen. So werden in Wien spezielle Vorbereitungskurse für die LAP angeboten, die bei aktiver Teilnahme dank der Förderungen von WKW und waff für betriebliche Lehrlinge kostenlos sind. Darüber hinaus wurde für den Lehrberuf der Maler*innen und Beschichtungstechniker*innen die Ausbildungsbegleitung eingeführt, um die niedrige LAP-Erfolgsquote zu erhöhen.

Die Wiener Klima-Lehrausbildungsinitiative

Die Wiener Klima-Lehrausbildungsinitiative wurde von den Sozialpartnern ins Leben gerufen und vom Fachkräftezentrum der Stadt Wien getragen. Sie baut auf bestehenden Ausbildungsschienen und Förderprogrammen auf, um die Lehrausbildung in klimarelevanten Bereichen zu steigern. Die Initiative bündelt bestehende Maßnahmen und setzt gezielt neue Impulse, um den Fachkräftebedarf in diesen Bereichen zu decken.

Ein Lehrling schaut einem Meister bei der Holzarbeit an der Werkbank zu.

Fazit

Die Lehrausbildung in Wien ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Fachkräftesicherung und wird auch in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen. Doch ihre Stärken müssen aktiv gefördert, den Herausforderungen muss aktiv begegnet werden. Durch innovative Ansätze und kontinuierliche Weiterentwicklung kann die Lehre einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Arbeitswelt leisten.