Facharbeiter*innen-intensivausbildung (FIA)
Antwort auf den Fachkräftemangel?
Wien wächst, und mit der Stadt wächst auch der Bedarf an Fachkräften. Qualifizierte Arbeitskräfte sind daher unerlässlich. Der Fachkräftebedarf zeigt sich insbesondere auch an der hohen Nachfrage nach Absolvent*innen mit Lehrabschluss. Laut Arbeitsmarktdatenbank kamen 2023 in Wien im Schnitt ungefähr vier Lehrstellensuchende auf eine offene Lehrstelle. In bestimmten Branchen wie beispielsweise der Elektroinstallation, gab es sogar über zehn Suchende pro offener Stelle. Um der Fachkräftenachfrage besser zu begegnen, gibt es neben der betrieblicher Lehrausbildung mehrere Möglichkeiten, eine Lehre abzuschließen. Eine dieser Möglichkeiten ist die Facharbeiter*innenintensivausbildung (FIA). Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff und wie trägt die FIA zur Fachkräftesicherung bei?
Historischer Hintergrund
Die Facharbeiter*innenintensivausbildung (FIA) gibt es bereits seit Beginn der 1970er und startete mit Ausbildungen im Elektrobereich. Hier haben arbeitssuchende Personen die Möglichkeit, eine FIA über das Arbeitsmarktservice (AMS) im zweiten Bildungsweg zu absolvieren. Ende der 1970er Jahre wurde diese Ausbildung auf die Bereiche Metall und Bau erweitert. Die Ausbildung wurde über das AMS Wien, dem BFI, Jugend am Werk sowie die Gewerkschaft organisiert. Seit den 1990er Jahren wurde das Angebot auf eine Vielzahl an Berufen in verschiedenen Branchen ausgedehnt.
2022 nahmen insgesamt 8.172 Personen an einer FIA mit einem Volumen von 68,9 Mio. Euro teil. Der Anteil Wiens an den österreichweiten FIAs beträgt 37 %.
Was ist die Facharbeiter*innenintensivausbildung?
Die FIA ist ein Ausbildungsprogramm des Arbeitsmarktservice (AMS), das sich an Erwachsene ab 18 Jahren ohne verwertbare Berufsausbildung richtet, die beim AMS arbeitssuchend gemeldet sind. Die FIA wurde ins Leben gerufen, um das Fachkräfteangebot in ausgewählten Branchen zu erhöhen und Arbeitsuchende mit einer zukunftsorientierten Ausbildung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Rund die Hälfte der Teilnehmer*innen der FIA haben einen Migrationshintergrund (in erster oder zweiter Generation), und ebenfalls ungefähr die Hälfte der Lehrlinge sind Frauen (49 %).
Ausgerichtet ist diese Ausbildungsform darauf, Arbeitssuchende in halber gesetzlicher Lehrzeit auszubilden. Vorausgesetzt werden Lern- und Sprachkompetenzen, ein gefestigter Berufswunsch, Interesse und persönliche Eignung. Berufliche oder schulische Vorerfahrung sind nicht erforderlich. Nach positiver Eignungsprüfung folgt eine intensive Schulung entsprechend der Ausbildungsverordnung, die Theorie und Praxis kombiniert. 80 % der Ausbildung findet in der Werkstätte und 20 % in Schulungsräumen vor Ort statt. Mit diesem überwiegenden Fokus der Ausbildung an den Geräten kommt der Praxisausbildung ein hoher Stellenwert zu. Betriebliche Praktika, geblockt oder in Form wöchentlicher Praktikumstage ergänzen die fachpraktischen Erfahrungen um Aspekte betrieblicher Integration. Im Vergleich zur betrieblichen Lehrausbildung muss keine Berufsschule absolviert werden. Abgeschlossen wird die FIA mit einer außerordentlichen Lehrabschlussprüfung (a. o. LAP). Während der Ausbildung erhalten die Teilnehmer*innen eine Ausbildungsbeihilfe zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes.
FIA und Fachkräftesicherung
Die FIA ist eine vollwertige Berufsausbildung. Sie wurde als zweiter Bildungsweg für Erwachsene konzipiert und setzt gegenüber der klassischen dualen Lehrausbildung ein höheres Maß an sozialer Reife und Eigenverantwortung voraus. Sie stellt hohe Anforderungen an die Lernbereitschaft und das Engagement der Teilnehmer*innen. Für Personen mit Betreuungspflichten werden seit 2022 deshalb vereinzelt auch „Teilzeit-FIAs“ angeboten. Für Personen mit nicht-deutscher Erstsprache wurde 2023 erstmalig eine bilinguale FIA pilotiert, um das Praxisbezogene Lernen auch auf den (Fach-) Spracherwerb auszudehnen.
Beitrag zu den Klimazielen
Derzeit besteht in Wien ein hoher Bedarf an Fachkräften im Bereich der Green Jobs, insbesondere im Kontext Klimaneutralität. Dieser ist auf durch die Klimaziele bedingte Initiativen wie Raus aus Gas oder die Wiener Sonnenstrom-Offensive zurückzuführen. Die FIA könnte dem gestiegenen Bedarf an Green-Job-Fachkräften entgegenwirken und somit zum Erreichen der Klimaziele der Stadt Wien beitragen. Projekte wie der Öko-Booster, die junge Erwachsene in klimarelevanten Berufen ausbilden, zeigen, wie neben der Fachkräftesicherung auch gesellschaftlich relevante Themen wie die Ökologisierung vorangetrieben werden können.
Austausch zur FIA
Die FIA wird kontinuierlich weiterentwickelt und durch die relevanten Interessensvertretungen und Trägereinrichtungen evaluiert.
Im Rahmen des Branchengespräches zum Fachkräftebedarf der Wiener Klimaziele des Fachkräftezentrums wurde durch Branchenvertreter*innen der Wunsch eines gemeinsamen Austauschs zur FIA geäußert. Daher fand am 17. April 2024 am Bildungscampus Elektro von Jugend am Werk ein durch das Fachkräftezentrum initiiertes Sozialpartnermeeting statt, bei welchem die Ausbildung in der Elektrotechnik vorgestellt und die Abläufe des Curriculums diskutiert wurden. Dabei tauschten sich die Akteur*innen über die Rahmenbedingungen der Ausbildung aus und planten das weitere gemeinsame Vorgehen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die FIA einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Wien leistet. Mit der schnellen Ausbildung von Fachkräften in Mangelberufen trägt das Instrument dazu bei, die Nachfrage nach Fachkräften zu unterstützen. Darüber hinaus wird erwachsenen Personen die Möglichkeit geboten, den formalen Lehrabschluss in einem verkürzten Format und in einem nachgefragten Berufsbild zu absolvieren. Insbesondere im Hinblick auf die steigende Bedeutung von Green Jobs und in Anbetracht der Bestrebungen der Smart Klima City Strategie kann die FIA eine wichtige Rolle spielen.
Lesen Sie mehr zum Thema im Schwerpunktbereich Ökologisierung und im Fachkräftereport für Wien.